Lies das folgende Kapitel aus dem Roman »Spukhafte Fernwirkung« und nimm es als Ausgangspunkt für deinen eigenen Text. Durch Klick auf den Button hat du viermal die Möglichkeit einen neuen Textausschnitt anzufordern.
Sie steht im Flur und lauscht, sieht den Fernseher in der Dunkelheit jäh aufleuchten und spürt, wie ganz kurz die Panik in ihr aufsteigt. Erika stützt sich an der Garderobe ab. Aber die Situation ist anders als damals. Im Flur stehen ihre Kisten und Schränke mit all den Sachen, die sie im Laufe eines halben Jahrhunderts gesammelt hat. In den Regalen stapeln sich kleine Figuren, Bücher, Fotorahmen. Was soll ihr schon passieren? Es ist sicher alles ganz harmlos. Vielleicht schaut der Fernseher allein fern, während sie schläft. Sie drückt leise die Klinke der Wohnzimmertür herunter. Auf der Couch sitzt eine große, schlaksige Frau mit dunklen, halblangen Haaren. Schwarzes T-Shirt, schwarze Jeans. Sie schaut nicht auf. Sie ist ganz versunken in den Film. Es ist ein Stummfilm in Schwarzweiß. Oder sie hat den Ton ausgestellt. Ein Mann redet auf eine Frau ein, die ihn mit aufgerissenen Augen anschaut. Offenbar ist das, was der Mann sagt, aufregend oder beängstigend. Aha. Beängstigend. Die Frau auf dem Sofa hat Erika mittlerweile bemerkt, sie wirft ihr einen Blick zu und legt dann den Finger auf den Mund. Offenbar möchte sie nicht gestört werden. Erika geht in die Küche und kocht für sich und die fremde Frau einen Tee. Es kommt ihr plötzlich so vor, als wäre die Frau schon immer da gewesen, in ihrer Wohnung, in ihrem Leben. Auch wenn nichts an der Frau sie an sie selbst erinnert. Erika ist eher klein, blond und vom Typ her fülliger. Vielleicht, denkt Erika, wenn ich eine Tochter gehabt hätte. Mit Boris. Vielleicht sähe die so aus. Als der Tee fertig ist, stellt sie die Kanne, eine Zuckerdose und zwei Tassen mit passenden Untertassen aufs Tablett. Zur Feier des Tages holt sie zwei Silberlöffel aus der Schublade, die benutzt sie normalerweise nur an Weihnachten und an Boris’ Geburtstag.
Man könne nicht gegen den Raum arbeiten, sagt die Künstlerin, als sie gefragt wird, wie sie mit dem Raum arbeitet, ich akzeptiere den Raum, wie er ist. Ich arbeite mit Wahrnehmung, im Allge- meinen beschäftigen mich Frequenzen. Der Kern eines Kristalls beginnt ad hoc zu wachsen, sagt die Künstlerin und einer der Besucher nickt, als habe sie etwas ausgesprochen, worauf er schon lange gewartet hat. Als habe er schon immer gewusst, dass irgend- wann dieser Satz fallen würde und dieser Satz etwas bestätigte, was er, der Besucher im viel zu warmen Pullover mit grünen geometrischen Formen, schon immer geahnt habe. Skulpturale Komplexitäten. Transparenz, die von Sensoren gemessen werden kann. Und um diese Transparenz geht es, um nichts anderes. Die Künstlerin hat eine ästhetische Entscheidung getroffen, auch das Publikum hat eine ästhetische Entscheidung getroffen.
Der Kurator ist froh darüber. Die Sensoren zur Messung von Transparenz wurden von der Firma Sollinger gespendet, sie sind eine Maßanfertigung für diese Ausstellung. Der Chefreporter ist anwesend, der über Kunst, Sport oder Benefizveranstal- tungen schreibt, und grundsätzlich über alles, bei dem die Firma Sollinger mit von der Partie ist. Er wird nicht bezahlt von den Sollingers, es ist einfach so, er ist irgendwie besessen von den Sollinger-Sensoren, so wie andere Menschen besessen von Lady Gaga oder Manchester United sind. Außerdem ist er entfernt verwandt mit dem Firmengründer, der schon über 90 Jahre alt ist. Allerdings wird der Journalist geschnitten von den Sollingers, er weiß nicht, warum, irgendetwas ist in der Vergangenheit vorgefallen, da war er noch zu klein, um etwas zu verstehen. Um diese Art von Transparenzen zu verstehen. Der Ausschluss einzelner, in der Regel entfernter Verwandter, ist Teil der Familientradition und Traditionen sind wichtig, denn die Firma beeinflusst die Familie und die Familie die Firma. Das Publikum applaudiert der Künstlerin und ihrem Kurator und später geht es durch die Ausstellung und trinkt Wasser aus schönen Glasflaschen, an denen blaue Etiketten kleben, sie passen zur Ausstellung, die mit akustischen Quanten brilliert, auch das Wasser brilliert, nichts wünscht sich das Publikum mehr als Brillanz.
Es ist ja, sagt Irma, nichts passiert, sie sagt es, als dürfe sie kein Wort zu viel sagen, und Valentina und Susana spüren, dass ihre Sachlichkeit absolut angemessen ist, denn Irma ist ja wirklich nichts passiert und gleichzeitig ist ihr das Schlimmste passiert, was man sich vorstellen kann, davor haben alle Angst, es ist eine latente Angst. Ein Albtraum, hat Valentina noch vor ein paar Minuten zu Susana gesagt, noch bevor sie mit Irma in Valentinas gemütlichem Büro zusammengekommen sind, um ein paar O-Töne von Irma zu bekommen für Online.
Du stehst unter Schock, sagt Susana, wahrscheinlich, ich glaube, sagt Irma, eigentlich nicht, es war halt eine seltsame Begegnung. Ziemlich seltsam, fügt sie hinzu und fragt sich, worin genau der Unterschied zwischen seltsam und ziemlich seltsam besteht. Seltsam ist immer ziemlich, denkt Irma, seltsam, und ärgert sich ziemlich über das Ziemlich, das ihr entwischt ist.
Wie sahen die denn aus, fragt Valentina und ihre Stimme ist plötzlich einen Halbton tiefer, als habe sich eine schnurrende Katze um ihren Hals gelegt, und Susana denkt, sie spricht wie Audrey Hepburn in Breakfast at Tiffany’s, wie eine Audrey Hepburn des 21. Jahrhunderts.
Wie Zombies, sagt Irma nach einem kurzen Moment des Nachdenkens und Susana lächelt unwillkürlich, Valentina verzieht den Mund zu einem Kichern, und auf einmal fühlt Irma sich besser als in den letzten Monaten, deutlich besser, sie hat sich, wenn sie ehrlich ist, schon während der Geiselnahme besser gefühlt, vielleicht ist, denkt sie, das ja tatsächlich der Schock.
Ein Jahr nach der Beerdigung findet Luis den Zettel. Er erkennt sofort Judiths Handschrift. Der Zettel liegt in einer Schublade, als habe sie ihn erst vor einer Stunde geschrieben, nur dass sie keine Buchstaben geschrieben hat, sondern Stenographiekürzel, die sie immer dann benutzt hat, wenn sie in Eile war. Vielleicht war sie in Eile und hat ihm eine letzte Botschaft hinterlassen.
Was interessiert dich an dieser Szene? Eine der Figuren? Der Ort? Ein bestimmtes Wort? Es kann auch sein, dass du ein Gefühl ausdrücken möchtest, eine Stimmung, die dich bewegt. Oder etwas, das du beobachtet hast und dich vielleicht schon länger beschäftigt.
Und noch etwas: Mach dir keine Sorgen um Grammatik und Rechtschreibung, etwaige Fehler werden von der 4. Perspektive korrigiert.
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