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Lies das folgende Kapitel aus dem Roman »Spukhafte Fernwirkung« und nimm es als Ausgangspunkt für deinen eigenen Text. Durch Klick auf den Button hat du viermal die Möglichkeit einen neuen Textausschnitt anzufordern.

11:09 Uhr
Parallelen

Um viertel nach elf öffnet die Kantine erneut, damit sich die, die nicht zu Mittag essen werden, mit Wurstbroten, Veggiesnacks und Süßigkeiten eindecken können. Es gibt sogar Ovomaltine, Patricia liebt Ovomaltine, denn es ist das einzige Getränk, das explizit für Menschen wie sie hergestellt wurde: für geistig und körperlich Erschöpfte. Überhaupt mag sie Instantpulver, überhaupt alles, was aus Pulver besteht, denn Pulver ist nichts als eine ins Unendliche tendierende Anzahl an Partikeln, und nichts anderes als ein Partikel aus einer ins Unendliche tendierenden Anzahl ebensolcher ist auch Patricia, und sie ist es gerne, sie hat kein Interesse daran, sich als Individuum zu behaupten. Je mehr Partikel, desto fauler kann jedes einzelne sein. Für den Job in der Umschau hat sie sich nur deshalb beworben, weil die Adresse Hilbertstraße lautete, und ein bisschen hatte sie beim Bewerbungsgespräch darauf gehofft, eine unendliche Anzahl an Bewerbern anzutreffen, aber dann war sie die Einzige. Und tatsächlich ist sie auch die Einzige, die in der Kantine Ovomaltine kauft, an manchen Tagen sogar zwei, und im Dezember, wo Patricias Zuckerbedarf höher als gewöhnlich ist, bis zu vier am Tag. Am Ende jeden Monats verkauft die Kantine an die 20 bis 30 Ovomaltinen, zu viel, um das Produkt endgültig aus dem Sortiment zu nehmen. Nur im Juli, wenn Patricia ihre Familie in Guadalupe besucht, kauft niemand Ovomaltine, und seit Patricia in der Hilbertstraße arbeitet, stolpert der Controller der Kantine jedes Jahr im Juli über die Null in der Tabelle der Abverkäufe von Ovomaltine und empfiehlt, das Produkt wegen des niedrigen Kaufniveaus auszusortieren.

14:32 Uhr
Intersport

Nicos erste Erinnerung an das Einkaufszentrum ist, dass er an der Hand seiner Mutter über den Flur A geht, dass alles gleich aussieht, aber nur auf den ersten Blick. In einem Geschäft gibt es Fleisch, im anderen Kleidung, es gibt Läden mit Büchern, mit Süßigkeiten, mit Lampen, mit Fahrrädern, mit Plüschtieren, es gibt Autos und Lokomotiven, in die man sich hineinsetzen kann, einen Elefanten, auf dem er gerne reiten würde, aber es kostet etwas, das geht nicht. Die Hand seiner Mutter hält ihn fest, er staunt, er empfindet Ehrfurcht, er ist dankbar, er weiß nicht genau, wofür. Außer Fleisch und ein Paar billigen Schuhen bei Intersport kaufen sie nichts, noch nicht einmal ein Eis bekommt er. Als er älter ist, kauft seine Mutter ihm Geodreiecke, Turnsachen und neue Jeans. Er geht jetzt nicht mehr an ihrer Hand, sondern trottet neben ihr her. Seine Mutter hat einen erstaunlich schnellen Gang, er würde lieber langsamer gehen. Nur ein einziges Mal hat sie ihm teure Adidas gekauft, das war im Sommer bevor er in die Realschule kam. Wenn er am Grab seiner Mutter steht, fühlt er nichts, nur wenn er an dem Sportgeschäft vorbeigeht, spürt er wieder ihre schweigsame Hand.

Meistens waren sie zuhause.

Gerade hat er sich mit seinem Vater im Eiscafé Diana getroffen, der Vater ist alt geworden, seine Haare sind schlohweiß, er schimpft auf die Jugend, auf die Ausländer und auf die Ärzte, er schlurft seinen Kaffee aus, dann geht er wieder, ohne ein einziges Mal gefragt zu haben, wie es Nico geht. Da Nico es nicht anders kennt, fällt ihm das nicht weiter auf. Er bleibt noch ein bisschen sitzen, dann steht er auf, geht zu Intersport und schaut sich verschiedene Sporttrikots an, Nike, Puma, Saucony, Adidas. Er nimmt zehn Trikots mit in die Kabine, obwohl nur drei erlaubt sind. Aber noch nie hat ihn jemand daran gehindert oder auch nur darauf angesprochen. Nach dem vierten Trikot schaut er auf sein Handy, das gepiepst hat.


Irgendwie ist es ja auch richtig, sagt Zola, aber andererseits ist es so ein Drama, sagt Zola und Cornelia fragt, was denn, na das Mädchen, von dem ich dir erzählt habe, das immer vor dem Einkaufszentrum sitzt, ach das, sagt Cornelia. Wir wissen nicht wohin mit ihr, am Zeisingplatz darf sie nicht mehr sitzen, wegen des Amoklaufs neulich, und ins Wohnheim möchte sie nicht. Wieso darf sie da nicht mehr sitzen, fragt Cornelia, es wird ja nicht jede Woche ein Amoklauf geplant sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass in genau diesem Einkaufszentrum noch ein Amoklauf stattfindet, ist doch sehr gering, oder? Wer weiß, sagt Zola, vielleicht gibt es ja Nachahmer und außerdem wurde der Täter noch nicht gefasst. Wahrscheinlich ist das aber nicht, sagt Cornelia. Zola hasst diese Rechthaberei, ist doch scheißegal, wie wahrscheinlich etwas ist. Generell ist es ärgerlich, dass Menschen auf Straßen sitzen und betteln, das muss ja nicht sein. Gibt es dafür nicht Behindertenwerkstätten, fragt Cornelia, ja schon, aber dafür musst du von einer Institution vorgeschlagen werden, und die Krankenkasse muss es bewilligen, aber sie hat ja gar keine Krankenkasse. Wer soll das also bewilligen. Gibt es keine Möglichkeit, fragt Cornelia. Ja schon, Zwangseinweisung, sagt Zola. Aber dafür müsste sie ihr eigenes oder das Leben eines anderen du weißt schon.

11:25 Uhr
Hyperaktiv

Ich könnte einen, denkt Irma, Anti-Entwicklungsroman schreiben über eine fiktive Figur, die aus sagen wir Österreich stammt, sie plant einen Amoklauf, mutiert dann aber aufgrund einer spektakulären äußeren Wende zum Gegenteil ihrer selbst. Was ist das Gegenteil von, denkt Irma, Amokläuferin? Am Anfang ist sie hyperaktiv, stört und zerstört jegliches System, aber dann denken die Dinge sich selbst zu Ende, und die Amokfigur wird immer mehr an den Rand des Geschehens gedrängt und zerfällt schließlich wie ein kraftlos gewordenes Hadron. Was sie aber in Gang gesetzt hat, ist nicht, denkt Irma, mehr kontrollierbar. Aber wie sie Emma und Erwin Schuster einbauen soll, weiß sie auch nicht.

Was interessiert dich an dieser Szene? Eine der Figuren? Der Ort? Ein bestimmtes Wort? Es kann auch sein, dass du ein Gefühl ausdrücken möchtest, eine Stimmung, die dich bewegt. Oder etwas, das du beobachtet hast und dich vielleicht schon länger beschäftigt.

Und noch etwas: Mach dir keine Sorgen um Grammatik und Rechtschreibung, etwaige Fehler werden von der 4. Perspektive korrigiert.

BEREIT?

Wo spielt deine Szene? Wähle einen Ort oder erfinde einen neuen. Du kannst auch Orte aus dem vorgeschlagenen Text nehmen.

Wer ist die Figur in deinem Text? Wähle eine Figur oder erfinde eine neue. Du kannst auch Figur(en) aus dem vorgeschlagenen Text nehmen.

Was mag deine Figur, was mag sie nicht? Wähle Vorlieben und Abneigungen aus oder denke dir selbst etwas aus, das zu deiner Figur passt. Du kannst dich auch vom vorgeschlagenen Text inspirieren lassen.

Was beschäftigt deine Figur, was ist ihr Problem? Wähle ein Problem aus der Liste aus oder erfinde ein neues.

Und nun nur noch zu dir: